21. April 2018: Dr. Thela Wernstedt sprach zum Thema „Bekämpfung von Borreliose und FSME“ in der Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags
Die Rede von Frau Dr. Wernstedt können Sie nachstehend lesen.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen!
Meine Landtagskollegen haben schon viele Informationen zusammengetragen und auf den Antrag der FDP reagiert.
Wir stellen fest: Es liegt bereits umfangreiches Informationsmaterial für Bürgerinnen und Bürger, besonders auch für Ärztinnen und Ärzte sowie für Lehrerinnen und Lehrer, um verschiedene Gruppen besonders zu schützen und auch präventiv tätig zu werden.
Wir erleben in diesen Tagen, dass rechtzeitig zu Beginn der Saison Gesundheitsämter Fachkonferenzen mit Presseinformationen veranstalten und dass Rundfunk und Fernsehen darüber berichten, sodass breite Bevölkerungsschichten immer wie-der auf die Infektionsgefahr hingewiesen werden.
Es gibt jedes Jahr auch umfangreiche Informationen des Robert Koch-Instituts zu den aktuellen Verbreitungsgebieten - ich habe hier einmal einen Internetausdruck mitgebracht - das sicherlich die fundiertesten und besten Informationen zusammenträgt.
Es finden landesweit und auch über das Bundes-gebiet flächendeckend organisierte Fortbildungen für Ärzte durch die Landesärztekammern statt. Es gibt Fachleitlinien der AWMF für Diagnose und Therapie. Das sind all die Maßnahmen, die man vernünftigerweise unternehmen kann, die seit vielen Jahren hier in Deutschland stattfinden, damit die Bevölkerung in einem möglichst hohen Maße geschützt wird.
Man kann immer noch einmal diskutieren, ob man das eine oder andere verbessert. Das werden wir im Ausschuss dann auch tun. Bislang konnten aus einer Meldepflicht keine weiterführenden Schutzmöglichkeiten für die Bevölkerung abgeleitet werden. Aber es ist gut, wenn man das alle paar Jahre noch einmal wieder diskutiert. Gelegentlich ergeben sich ja an einigen Stellen doch noch einmal Neuerungen.
Wir leben in einem Zeitalter der Medizin, in dem Infektionserkrankungen oft vermeidbar, heilbar oder im Verlauf zu mildern sind. In manchen Fällen - wie auch bei der Borreliose - gibt es chronifizierte Verläufe mit schwierigen Folgezuständen. Das hat Kollege Försterling angesprochen.
Bei der Frühsommer-Meningoenzephalitis kann es zu späten Beeinträchtigungen, auch Behinderungen kommen, leider in seltenen Fällen auch zum Tod. Jeder Fall ist sehr ernst zu nehmen und natürlich im Prinzip einer zu viel.
Ich möchte, um noch einmal eine Einschätzung der Gefährdung vorzunehmen, einen Blick über Deutschland hinaus werfen, und zwar auf eine andere Infektionserkrankung, damit wir ein bisschen unsere Maßstäbe zurechtrücken. Ich erlaube mir, aus dem neuesten Niedersächsischen Ärzteblatt zu zitieren. - Das ist jetzt kein Witz, sondern es ist Realität. Das läuft unter der Überschrift „Pest oder Cholera“:
„Die Pest hat seit August 2017 wieder einmal in Madagaskar zugeschlagen“.
- Wir erinnern uns nicht nur an Piratenlieder, sondern das ist tatsächlich Realität. -
„Mehr als 2 300 Erkrankungen wurden gemeldet; mit nahezu 1 800 der betroffenen Patienten war die Lungenpest weitaus häufiger als die Beulenpest.“
Das ist jetzt keine mittelalterliche Literatur, sondern es ist Realität in unseren Monaten.
Weiter schreibt das Ärzteblatt:
„Liegt die Letalität“
- also die Sterblichkeit –
„der unbehandelten Beulenpest bei 50 bis 60 %, steigt sie bei unbehandelter Lungenpest auf bis zu 100 %.“
Kollegin Janssen-Kucz hatte von der Frühsommer-Meningoenzephalitis gesprochen, die in den Jahren 2002 bis heute 18 Fälle betrifft. Ich will nur die Maßstäbe ein bisschen zurechtrücken.
Hier im Ärzteblatt steht außerdem:
„Entgegen aller Befürchtungen starben in Madagaskar jedoch nur etwas mehr als 200 Menschen an der Pest - - -“
Auch hier geht es um ganz andere Größenordnungen und um die Wiederkehr alter Erkrankungen, die hochgefährlich sind.
Warum erzähle ich Ihnen das? - Ich zitiere noch einmal das Ärzteblatt:
„Deutschland ist nach China und den USA das Land mit den höchsten Ausgaben für Tourismus. Fernreisen und Individualtourismus sind bei allen Altersklassen beliebt. Die Globalisierung und der internationale Tourismus spielen eine wichtige Rolle bei der weltweiten Ausbreitung multiresistenter“
- oder eben heute eigentlich ausgestorbener - „Erreger.“
Wie gesagt, ich wollte ein bisschen die Maßstäbe zurechtrücken, damit wir unsere Erkrankungen hier sehr ernst nehmen, aber wissen, es gibt sehr viel anderes auf der Welt, worauf wir auch intensiv aufpassen müssen. Ich glaube, das Gesundheitssystem in Deutschland hat da ein sehr aufmerksames Augenmerk zu unser aller Schutz und Therapie.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)