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18. Mai 2018: Dr. Thela Wernstedt sprach zum Thema „Frauenhäuser stärken“ in der Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags

Dr. Thela Wernstedt sprach für die SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag zur ersten Beratung des Entschließungsantrages der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Von Gewalt betroffene Frauen nicht vor verschlossener Tür stehen lassen - Frauenhäuser stärken, Rechtsanspruch schaffen“ in der Plenarsitzung am 18. Mai 2018. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung überwiesen.
Die Rede von Frau Dr. Wernstedt können Sie nachstehend lesen.

Dr. Thela Wernstedt (SPD):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gewalt gegen Frauen und damit oft auch gegen Kinder ist ein riesiges gesellschaftliches Problem - das ist hier schon ausführlich erörtert worden -, obwohl engagierte Fachfrauen und -männer, die Kommunen, die Bundesländer und der Bund seit Jahr-zehnten Instrumente und Hilfen entwickelt haben und Geld bereitstellen, um den betroffenen Frauen und Kindern zu helfen. Aber - und das ist bei dieser Entwicklung ein gravierender Nachteil - das in der Regel örtliche Engagement hat zu einem Flickenteppich von Modellen, Finanzierungen und natürlich auch zu Hilfslücken geführt.

Dass auch Deutschland Ende 2017 endlich, nach langen Jahren, die sogenannte Istanbul-Konvention ratifiziert hat - Gudrun Pieper hat es gerade erwähnt -, ist ein überfälliger Schritt gewesen, um die Unterstützung für von Gewalt betroffene Frau-en systematisch besser zu gestalten.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einen guten Entschließungsantrag zu diesem Thema erarbeitet, der Grundlage für eine gründliche Diskussion im Ausschuss sein sollte. Viele der Forderungen sind ganz im Sinne unserer gemeinsamen Arbeit in der letzten Legislaturperiode.

Von den Fachfrauen in den Frauenhäusern gibt es gute Konzeptpapiere und inzwischen auch Priorisierungslisten, was in Niedersachsen zuerst getan werden sollte. Eine solche Liste hat uns in den letzten Tagen die LAG der autonomen Frauenhäuser zugesandt. An dieser Stelle vielen Dank für diese Arbeit.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

Es braucht in der Tat den Lückenschluss in manchen Kommunen, es braucht sicherlich auch mehr Plätze, und über die Schätzwerte in der Istanbul-Konvention zum tatsächlichen Bedarf im Land sollte kritisch diskutiert werden.

Wünschenswert, ja, politisch überfällig, ist die Vereinheitlichung der Finanzierung auch mithilfe des Bundes. Der Hilfe- und Finanzierungsbedarf ist differenziert. So haben z. B. Studentinnen oder Frauen mit ungesichertem Aufenthaltsstatus keinen Anspruch auf Aufnahme in ein Frauenhaus -das gilt auch für manche andere Gruppe von Frauen -, und für Frauen, die arbeiten, sind die Beiträge, die sie selber leisten müssen, relativ hoch. Hier Hürden und Hemmschwellen durch eine einheitliche und verlässliche Finanzierung zu senken, ist ein wichtiges Anliegen.

Die Durchbrechung der Gewaltspiralen und die Respektierung der Selbstbestimmung bei der Wahl der Hilfen für die betroffenen Frauen ist auch für die mit betroffenen Kinder von großer Bedeutung. Wer jahrelang hilflos mit ansehen muss, wie der eigenen Mutter Gewalt angetan wird, wie sie erniedrigt und ihrer Würde beraubt wird, für den sind die Voraussetzungen schwierig, um selbst später Konflikte anders zu lösen und eigener Unsicherheit und Gefühlen von Machtlosigkeit anders zu begegnen als mit Gewalt gegen Sachen oder Menschen.

Nach wie vor erleben viel zu viele Frauen in Deutschland Gewalt und sexuellen Missbrauch. Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass Niedersachsen an einem Modellprojekt des Bundes teilnimmt, um das Hilfeangebot passgenau für die Bedarfe der betroffenen Frauen zu machen. Dafür wird derzeit eine Lageanalyse durchgeführt, deren Ergebnisse wir Mitte 2019 erwarten.

Aber so lange sollten wir mit ersten weiteren Maßnahmen nicht warten. Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU/CSU auf Bundesebene ist ein erfreuliches Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Hilfeangebote formuliert worden. Allerdings müssen wir sicherlich aufpassen, dass die ohne Zweifel notwendige Analyse der Lage und Absprachen in Form eines Runden Tisches nicht die gesamte Legislaturperiode umfassen, sondern auch mit der Umsetzung der erörterten Maßnahmen begonnen wird.

Wir werden im Sozialausschuss ausführlich über die guten Vorschläge in diesem Antrag debattieren, uns von der Landesregierung unterrichten lassen und - das möchte ich im guten Einvernehmen mit Gudrun Pieper schon hier vorschlagen - eine Anhörung durchführen, auch um diesem Thema die gebührende öffentliche Aufmerksamkeit zu geben.

Vielleicht gelingt es auch, diesen Antrag gemeinsam zu beschließen. Ich halte es dabei für sinnvoll, auch noch andere Aspekte und Hilfen zur Konflikt-bewältigung wie z. B. die Arbeit von Mediationsvereinen wie der „Waage“ in Hannover in die Überlegungen mit einzubeziehen.

Ich bin gespannt auf die Diskussion im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN)

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