27. Januar 2023: Plenarrede zum Thema Impfschäden
Dr. Thela Wernstedt (SPD):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im letzten Herbst erreichten viele Abgeordnete viele Mails mit langen Betroffenen-Geschichten zu Impfschäden oder auch Post-Corona-Symptomen, in denen oft noch zusätzlich geschildert wurde, dass auch im Angehörigen- und Freundeskreis viele Impfschäden-Betroffene unter Folgen leiden. Vor dem Herbst gab es eher wenige Zuschriften. Jetzt hat das wieder abgenommen. Aber es gibt sie. Auch in der öffentlichen Berichterstattung werden solche Fälle geschildert. Herr Thomas Uhlen hat gerade gesagt, dass eine Betroffene auch hier ist.
Das war Anlass für den Abgeordneten Martin Bäumer ‑ das hat der Kollege Uhlen gerade schon erwähnt ‑, Ende Oktober 2022 eine Kleine Anfrage zur Häufigkeit und zum Umgang mit dem Post-Vac-Syndrom zu stellen. Der Abgeordnete umschrieb ‑ wie es parlamentarisch üblich und sinnvoll ist ‑ das aus seiner Sicht vorliegende Problem in einer Vorbemerkung und formulierte Fragen, um das Themenfeld ausführlich zu beleuchten. Die umfassende Antwort der Landesregierung lag Anfang Dezember 2022 als Drucksache 19/101 vor. Geschildert wurden Meldewege für Verdachtsfälle von Impfnebenwirkungen und Impfschäden. Es wurde auch auf die noch fehlenden Daten zur Einschätzung, wie viele es eigentlich gibt und wie das im Zusammenhang und in Relation zu anderen Impfschäden zu sehen ist, und auf vieles andere aufmerksam gemacht. Das ist, wie gesagt, eine sehr umfassende Beantwortung, die sehr informativ ist.
Am 10. Januar schließlich erreichte die Landtagsverwaltung der Entschließungsantrag der AfD mit der Forderung, spezialisierte Anlaufstellen für Menschen mit Impfschäden einzurichten. Eine Lagebeschreibung, eine Formulierung des aus der Sicht der AfD-Fraktion vorliegenden Problems gibt es dort aber nicht. Man beginnt gleich mit Forderungen. Dann werden munter große Zahlen von Impfverdachtsfällen aus der Schweiz und aus Deutschland genannt und wird so getan, als ob ein Verdachtsfall gleichzeitig schon ein nachgewiesener Fall sei. Das stimmt aber so nicht, sondern es ist ein langer diagnostischer Weg, um dann tatsächlich diese Verknüpfung herzustellen. Die Fragestellungen sind ja nicht neu. Es gibt seit Anfang des 19. Jahrhunderts Impfungen. Seitdem gibt es auch immer wieder das Phänomen, dass Menschen einen Schaden dadurch erleiden. Daher gibt es Meldewege. Es gibt auch Leistungsansprüche für tatsächlich vorliegende Impfschäden. Das alles müssen wir nicht neu erfinden, sondern das gibt es in Deutschland bereits.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)
In der sehr langen Begründung des AfD-Antrags wird auch unterstellt, dass viel zu wenige Fälle gemeldet werden. Damit entsteht ein Raunen, ein großer Verdacht, dass hier in diesem Lande etwas vorliegt, was ein Tabu sei, was man nicht wissen solle. Nein, das ist kein Tabu, sondern das ist ein schwer zu fassendes Phänomen, an dem aber die Forschung im Moment dran ist. An dieser Stelle sind auch alle Ärztinnen und Ärzte aufgefordert, sich die Mühe zu machen, dass man, wenn jemand mit derartigen Beschwerden kommt und ein solcher Zusammenhang im Raum steht, alles in seiner Kraft Stehende tut, um das entweder auszuschließen oder zu bestätigen.
Der Eindruck, der mit dem AfD-Antrag entsteht, ist, dass in Deutschland eine systematische und politisch gewollte Untererfassung von Impfschäden zum Schaden vieler Patienten stattfinde. Mit solcher Art infamer Unterstellungen gegenüber Ärztinnen und Ärzten in diesem Land und einer weltweit zu diesem Thema stattfindenden Forschung werden Sie dem für Patientinnen und Patienten ernsten Problem von Impfnebenwirkungen und Impfschäden in keiner Weise gerecht.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Schade, dass Sie die Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen Bäumer so gar nicht zur Kenntnis genommen haben.
Wir werden den Antrag mit der nötigen Sachkunde und Ernsthaftigkeit im Ausschuss behandeln, und ich bin gespannt auf die Diskussion dort.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)